A.4.4
Beschleunigungstechnologie

Im Vergleich

# Plasmabasierte Beschleuniger

Mit Teilchenbeschleunigern auf Plasmabasis lassen sich tausendfach höhere Beschleunigergradienten erreichen als mit der Mikrowellentechnologie.
Die Beschleunigungskräfte resultieren dabei aus einer Ladungstrennung, die in nur wenige Zentimeter langen Plasmen erzeugt werden. Je nach Art des Treibers unterscheidet man zwischen laser- und teilchenstrahlgetriebenen Plasmabeschleunigung.

  • Die Idee zur Teilchenbeschleunigung mittels Plasma wird seit Ende der 1970er Jahre diskutiert - zunächst mit Lasern als Treiber 1, später auch mit Teilchenstrahlen 2
  • Erste Konzeptüberprüfungen bei der Teilchen-Plasma-Beschleuniger fanden Ende der 1980er Jahre statt 3
  • Aufgrund der Verfügbarkeit von Hochleistungs-Lasern nahm die Entwicklung von LWFA erst in den 1990er Jahren Fahrt auf.

# Teilchen-Plasma-Beschleuniger

Teilchenstrahlgetriebene Plasmawakefieldbeschleunigung (PWFA) ermöglicht die Skalierung von plasmabasierten Beschleunigungsprozessen zu hohen Energien (von GeV zu TeV), zu hohen Wiederholraten (bis zu MHz), zu hohen Effizienzen (bis zu ~10%) und zu hohen Durchschnittsleistungen (von W zu kW bis MW) unter Anwendung und Weiterentwicklung existierender technologischer Konzepte. Damit ist diese Art der Teilchenbeschleunigung insbesonders interessant für zukünftige Anwendungen in der Hochenergiephysik.

# Situation für Deutschland

Die deutsche Beschleunigerforaschungsgemeinschaft beteiligt sich hier an zwei großen Projekten, die hochrelevante strategische Entwicklungen auf dem Gebiet der PWFA im Laufe der nächsten 10 Jahre ermöglichen werden.

  • AWAKE am CERN bei Genf zielt unter Nutzung von Protonenstrahlen eines LHC-Vorbeschleunigers zur Elektronenbeschleunigung auf die Demonstration des maximalen Energiezuwachses in einer einzelnen Plasmastufe. Erste Physikanwendungen bei hohen Energien (>100 GeV) werden voraussichtlich um 2030 möglich sein.
  • Dazu vollständig komplementär entwickelt FLASHForward eine kaskadierbare Plasmastufentechnologie zur Elektronenbeschleunigung im Multi-GeV Bereich, die auf maximale Effizienz, Wiederholrate, und Durchschnittsleistungen im 10 kW Regime fokussiert. Die Demonstration einer einzelnen Stufe soll bis 2028 abgeschlossen sein. Diese Technologie könnte als Nachbeschleuniger in existierenden Linearbeschleunigern eingesetzt werden (z.B. für Freie-Elektronen-Laser) und soll im dann folgenden Jahrzehnt für den Einsatz in der Hochenergiephysik vorbereitet werden.

# Laser-Plasma-Beschleuniger

Der weltweite Fortschritt in Stabilität und Qualität lasergetriebener Wakefieldbeschleunigung (LWFA) erlaubt heute die systematische Vorbereitung der nächsten Generation von Plasmabeschleunigern mit dem Ziel, kompakte und damit dezentral einsetzbare Anlagen für wissenschaftliche und gesellschaftsrelevante Anwendungen zu entwickeln.

Basis für Deutschlands aktuell führende Rolle ist die Kombination aus in Verbünden entwickelter innovativer Diagnostik des Lasers und des Plasmas auf mikroskopischer Skala, aus dedizierter Methodenentwicklung für größte Comuptersimulationen und modernster zwischen Industrie und Forschung vernetzter Hochleistungslaserinfrastruktur.

# Herausforderungen

Nächste Meilensteine der Entwicklung dieser nächsten Generation von Plasmaelektronenbeschleunigern sind die Demonstration von FEL-Verstärkung, die Kaskadierung von Plasmabeschleunigermodulen und ihre Ankopplung an klassische Maschinen, beispielsweise als kompakte Injektoren.

Die zentrale Erhöhung der Pulswiederholrate stellt in allen Fällen hohe Anforderungen an die Laserentwicklung und an das Plasmatarget, eröffnet aber auch neue Möglichkeiten wie die Etablierung intelligenter Feedbacksysteme.

# Medizin

Für die Medizin stellen Laserionenbeschleuniger vielversprechende Alternativen im Strahlentherapieumfeld dar, wobei die Lösung zentraler Herausforderungen, die Wiederholfrequenz der zukünftig verfügbaren Hochleistungslaser, weiterer Grundlagenforschung bedürfen.

# LWFA Injektor

Ein Vorteil der LWFA sind die inherent entstehenden ultra-kurzen Elektronenpakete, denn diese sind eine Quelle für hoch-intensive Terahert-Strahlung. Ein Nachteil besteht in der niedrigen Wiederholrate. Speicherringe wiederum haben eine Wiederholrate im MHz Bereich, aber um mehrere Größenordnungen längere Elektronenpakete. Mit einem LWFA als Injektor für einen Speicherring könnten die Vorteile beider Technologien kombiniert werden.

Eine Herausforderung ist die große Energiebreite der Elektronenpakete, die eine Speicherung in konventionellen Ringbeschleunigern erschwert. Hierfür bedarf es weiterer Grundlagenforschung zur Entwicklung von Speicherringen mit großer Energie-Akzeptanz, wie sie Bereits im cSTART Projekt stattfindet.

Während der Technischen Design Phase von PETRA IV ist ebenfalls Grundlagenforschung für einen LWFA Injektor geplant.

# Mikro-Beschleuniger

Wie bei der etablierten Mikrowellentechnologie erfolgt die Energieübertragung bei dielektrischen Mikro-Beschleunigern direkt über elektromagnetische Wellen in Hohlräumen. Die Hohlraumstrukturen und Wellenlängen sind hier aber um den Faktor 100 000 kleiner, wodurch der Einsatz von Methoden der Mikrochip-Herstellung und von Hochleistungslasern erforderlich wird.

Zusätzlicher Vorteil ist, dass die Wände der Hohlräume aus einem dielektrischen Material wie Glas (oder xyz) bestehen und dadurch 50-fach höhere Beschleunigungsfeldstärken als bei Metall möglich werden.

Herausforderung ist, dass die gesamte Technologiekette von Hochleistungslaserquellen für die entsprechenden Wellenlängenbereiche bis hin zu neuen Elektronenquellen, Beschleunigerkomponenten sowie Diagnostiken für ultra-kurze Elektronenpakete und Simulationswerkzeugen ganz neu gedacht werden müssen.

Je nach Frequenz ermöglicht dies hoch-brillante ultrakurze Elektronenpakete mit Ladungen im Bereich von Femto- bis Pikocoulomb aus sehr kompakten Quellen um damit hochenergetische Elektronenquellen für Schlüsseltechnologien wie z.B. die ultraschnelle Elektronenbeugung oder Elektronenmikroskopie sowie kohärente Kurzpulsröntgenquellen für Röntgenanalytik bereitzustellen.