Basistechnologien
Die Konzeption und Realisierung neuer Beschleunigeranlagen beruht nicht nur auf der physikalischen Grundlagenforschung, sondern auch wesentlich auf dem Fortschritt in verschiedenen Basistechnologien. Neben Bauwesen, Maschinenbau, Elektrotechnik, Elektronik, Regelungstechnik und Informationstechnologie kommt der Materialforschung eine besondere Rolle zu, da insbesondere die Technologie supraleitender Magnete und Hochfrequenzresonatoren von der Entdeckung neuer Werkstoffe profitieren würde.
Fortschritte in der Vakuumtechnologie haben Teilchenbeschleuniger überhaupt erst ermöglicht, spielen aber auch bei der Entwicklung neuer Anlagen eine wichtige Rolle.
Seit den letzten zwei Jahrzehnten ist die Beschleunigerforschung auch immer enger mit der Lasertechnologie verknüpft. Die hier genannten Fachgebiete sollen exemplarisch für die enge Verzahnung von Physik und verschiedenen Ingenieurswissenschaften bei der Entstehung moderner Beschleuniger näher betrachtet werden.
Die Entdeckung und Entwicklung von neuen Materialien und Fertigungsverfahren ist unabdingbar, um für zukünftige Beschleunigerprojekte die Grenzen des technisch Machbaren weiter zu verschieben. Beispiele hierfür sind Materialien mit höherer Sprungtemperatur und besserem Langzeitverhalten für supraleitende Resonatoren und Magnete, Hochtemperatur-Supraleiter mit besseren Verarbeitungseigenschaften, Photokathoden mit höherer Quanteneffizienz und Stabilität für Elektronenquellen, Permanentmagnete mit höherem Feld und Strahlungsresistenz sowie Gettermaterialien zur Beschichtung von Vakuumkammern.
Während Beschleunigerzentren über Anlagen zur Untersuchung von Materialien sowie zu deren Verarbeitung und Oberflächenpräparation verfügen, liegt das theoretische Grundwissen primär bei den Universitäten in Fachbereichen wie Physik, Chemie und Maschinenbau. Die Beschleunigerforschung sollte die Materialwissenschaften in gemeinsamen Verbundprojekten und bereits im Studium der Beschleunigerphysik stärker einbinden.
- Bessere Einbindung von Basistechnologien bereits im Studium
- Neue Materialien und verbesserte Fertigungsverfahren
- Weiterentwicklung von Vakuumsystemen
- Nutzung von Lasersystemen in vielen Bereichen der Beschleunigerforschung
- Beteiligung an der Weiterentwicklung von Hochleistungslasern
# Vakuumtechnologie
Der Betrieb von Teilchenbeschleunigern ist ohne Ultrahochvakuum (UHV), zum Teil aber auch im extremen Vakuumbereich (XHV) nicht denkbar. Die Lebensdauer von Hadronen- und Elektronenstrahlen in Speicherringen hängt vom Restgasdruck ab. Besonders gutes Vakuum wird zum Beispiel in kryogenen Speicherringen für die Atomphysik benötigt.
Ein Beispiel für den Fortschritt in der Vakuumtechnologie der letzten Jahre ist die Beschichtung von immer kleineren Vakuumkammern mit Gettermaterial (non-evaporable getters, NEG). Damit wirkt die gesamte Kammerwand als Vakuumpumpe, sodass der Leitwert auch bei kleinen
Kammerquerschnitten den erreichbaren Druck nicht begrenzt und der technisch schwierige Anschluss von externen Pumpen entfällt.
Auch bei zukünftigen Beschleunigern und Speicherringen werden neben dem Restgasdruck die mechanischen, thermischen und elektromagnetischen Eigenschaften des Vakuumsystems eine entscheidende Rolle spielen. Neben verbesserten Materialien und Fertigungsverfahren werden auch Fortschritte bei der Simulation der Dynamik des Restgases und der elektromagnetischen Felder in der Vakuumkammer willkommen sein.
# Lasertechnologie
Die moderne Lasertechnologie eröffnet neue Möglichkeiten für die Beschleunigerforschung. Dies betrifft zum Beispiel die Erzeugung von Teilchenstrahlen in Photokathodenquellen, aber auch neue Konzepte wie Laser-Plasmabeschleuniger, inverse Freie-Elektronen-Laser oder dielektrische Beschleuniger.
Durch Wechselwirkung mit Laserpulsen können Teilchen im Beschleuniger manipuliert werden, zum Beispiel bei der Kühlung von Ionenstrahlen oder mit Seeding-Methoden zur Erzeugung ultrakurzer Pulse in Speicherringen und hochkohärenter Strahlung in Freie-Elektronen-Lasern. Compton-Streuung von Elektronen und Laserphotonen kann zur Erzeugung von Röntgenstrahlung genutzt werden, dient aber auch zum Beispiel zur präzisen Messung der Elektronenenergie.
Zeitaufgelöste Experimente im Femtosekundenbereich benötigen zwei ultrakurze Pulse zur Anregung einer Probe und zur Analyse des angeregten Zustands, wobei neben der Pulsdauer auch die Kontrolle über den zeitlichen Abstand beider Pulse entscheidend ist. Bei der Synchronisation von Teilchenpaketen, Strahlungspulsen und verschiedener Beschleunigerkomponenten über Kilometer hinweg sind Faserlasersysteme inzwischen der Hochfrequenztechnik weit überlegen.
Insbesondere für die Weiterentwicklung neuer Beschleunigerkonzepte sind weitere Fortschritte in der Lasertechnologie dringend notwendig. Dies betrifft die Leistung, Dauer und Wiederholrate von Laserpulsen sowie die Verbesserung ihrer räumlichen und zeitlichen Stabilität. Auch neue Entwicklungen bei der Diagnose und Manipulation von Laserpulsen, zum Beispiel ihre gezielte Formung oder Konversion zu anderen Wellenlängen, können die Beschleunigerforschung weiter beflügeln.