Supraleitung
Seit 1911 ist bekannt, dass einige Materialien keinen elektrischen Widerstand mehr zeigen, wenn man sie unterhalb der sogenannten Sprungtemperatur abkühlt, die meist wenige Grad über dem absoluten Nullpunkt liegt. Den Möglichkeiten dieser sogenannten Supraleitung zur Erzeugung hoher Magnetfelder und der energieeffizienten Beschleunigung von Teilchen steht ein hoher Aufwand gegenüber, um mit verflüssigtem Helium zur Sprungtemperatur zu gelangen. Im Jahr 1986 wurden Hochtemperatur-Supraleiter entdeckt, deren Sprungtemperatur sich viel wirtschaftlicher mit flüssigem Stickstoff erreichen lässt. Allerdings sind die bislang bekannten Materialien sehr spröde und lassen sich nicht zu Spulen oder Hochfrequenzresonatoren verarbeiten.
Im Detail hängen die Anforderungen an supraleitende Materialien hängen sehr davon ab, ob sie für die Beschleunigung von Teilchen in Hochfrequenzresonatoren oder zur Führung eines Teilchenstrahls in Magneten verwendet werden.
- Weiterentwicklung supraleitender Resonatoren und Magnete
- Suche nach neuen Materialien und verbesserten Fertigungstechniken
- Wissenschaftlicher Produktionsstandort für supraleitende Resonatoren
- Entwicklung modularer supraleitender Beschleunigungsstrukturen
- Erhöhung der Feldstärke supraleitender Magnete
- Entwicklung kompakterer Hochfeld-Magnetstrukturen
# Supraleitende Resonatoren
Bei der Beschleunigung von Teilchen mit Radio- und Mikrowellen in einem Resonator entstehen an dessen Oberflächen Ströme, die aufgrund des elektrischen Widerstands den Resonator Wärme erzeugen. Um den Energieverlust zu begrenzen, werden Resonatoren entweder mit geringer Leistung oder gepulst betrieben. Ein kontinuierlicher Betrieb mit hoher Leistung erfordert Resonatoren, die aus supraleitendem Material bestehen oder damit beschichtet sind.
Der 9-zellige TESLA-Resonator aus hochreinem Niob wurde unter starker Beteiligung deutscher Forschungszentren und Universitäten für den Europäischen Röntgenlaser (XFEL) und einen zukünftigen International Linear Collider (ILC) entwickelt. Beide sind für Elektronen ausgelegt, die sich nahezu mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Resonatoren für Protonen und Ionen, wie sie zum Beispiel an der Universität Frankfurt entwickelt werden, hängen von der jeweiligen Teilchengeschwindigkeit ab und sind immer Unikate mit entsprechendem Entwicklungs- und Produktionsaufwand.
Weltweit sind nur wenige Firmen in der Lage, supraleitende Beschleunigungsstrukturen herzustellen. In Zusammenarbeit mit der Industrie konnte die in Serienproduktion erreichbare elektrische Feldstärke bei akzeptabler Ausschussrate enorm erhöht werden. Beim XFEL werden 928 TESLA-Resonatoren mit einer Feldstärke von 23,4 Megavolt/Meter eingesetzt, beim ILC werden es ca. 17000 sein, wenn die Feldstärke auf 31,5 Megavolt/Meter gesteigert werden kann. Ein Forschungsziel ist also die Erhöhung der beschleunigenden Feldstärke, von der die Kosten der Anlage wesentlich abhängen. Dies kann durch Verbesserung des Herstellungsprozesses, aber auch durch die Entdeckung alternativer Materialien erreicht werden. Ein Material mit höherer Sprungtemperatur würde zudem den Kühlungsaufwand verringert.
Weitere Forschungsziele sind die Verbesserung der Einkopplung der Hochfrequenzwelle in die Beschleunigungsstruktur sowie die Untersuchung und Vermeidung von Alterungsprozessen der Resonatoren.
Um insbesondere die Weiterentwicklung von Hadronenbeschleunigern in Deutschland zu unterstützen, sollte ein Produktionsstandort für supraleitende Resonatoren im wissenschaftlichen Bereich geschaffen werden. Ein Ziel ist hierbei könnte eine Beschleunigungsstruktur sein, die mit eigener Kühlung ausgestattet und modular skalierbar ist.
# Supraleitende Magnete
Aufgrund ihrer geringen Verluste durch Synchrotronstrahlung können Protonen und Ionen in Ringbeschleunigern auf wesentlich höhere Energien gebracht werden als Elektronen. Hierbei begrenzt das erreichbare Magnetfeld den Umfang des Rings. Beim Large Hadron Collider mit 7 Teraelektronenvolt Protonenenergie und einer Feldstärke der supraleitenden Magnete von 8,3 Tesla beträgt der Krümmungsradius der Protonenbahn bereits 2,5 Kilometer. Für einen zukünftigen Protonenring bei 50 Teraelektronenvolt, den Future Circular Collider mit einem Umfang von fast 100 Kilometern, muss das Magnetfeld auf 16 Tesla gesteigert werden. Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass die Magnete während des Beschleunigungsvorgangs zügig hochgefahren werden müssen.
Die Erprobung von Materialien, die Entwicklung geeigneter Fertigungstechniken und die Beherrschung der hohen mechanischen Kräfte bei solchen Feldstärken sind Gegenstand der Forschung im Rahmen mehrerer internationaler Programme wie EuroCirCol in Europa und USMDP in den USA.
Auch zur Erzeugung von Synchrotronlicht im Röntgenbereich werden supraleitende Magnete zunehmend verwendet. Dies sind meist einzelne Dipolmagnete oder Strukturen mit mehreren Dipolen, sogenannte Wiggler. Eine Herausforderung liegt in der Entwicklung kompakter abwechselnd gepolter Magnetstrukturen, sogenannter Undulatoren, um Strahlung hoher Intensität bei kürzeren Wellenlängen zu erzeugen.